Pressespiegel

Beruhigendes Plätschern
Klasse 5a des Gymnasiums am Waldhof hat die Lutter ins Herz geschlossen

Toben am Bach: Die „Lutter-Klasse” 5a ist von dem freigelegten Gewässer begeistert. Wenn es wärmer wird, dient die Insel als grünes Klassenzimmer. Dazu will das Gymnasium am Waldhof extra noch „Lutterhocker” anschaffen, weil die Steine als Sitzplätze nicht reichen. FOTO: ANDREAS ZOBE

VON FRANK BELL

• Bielefeld. „Noch ist keiner baden gegangen, aber die meisten sind schon mal nass geworden”, erzählt Wiebke aus der Klasse 5a des Gymnasiums am Waldhof. Das ist die „Lutter-Klasse”, und sie hat den freigelegten Bach ins Herz geschlossen. „Im Sommer werden wir die Schuhe und Strümpfe ausziehen, die Hose hochkrempeln und durch den Bach laufen”, kündigt sie an.

„Die Kinder sind begeistert. Die Lutter bereichert das ganze Schulleben”, sagt Lehrerin Annegret Bakker, die die 5a in Englisch und Politik unterrichtet. „Wenn es in den Klassen auf der Parkseite mal zu unruhig wird, lasse ich die Fenster öffnen und sage, es geht erst weiter, wenn man die Lutter plätschern hört.” Nele stimmt ihrer Lehrerin zu: „Das ist so beruhigend.”
Die Klasse hat die Patenschaft für die Lutter übernommen. „Das hat sie zusammengeschweißt”, erklärt Bakker. Die Kinder haben sich schon ausgiebig mit dem Gewässer beschäftigt: Sie haben ein Lutter-Buch geschrieben, eine Zeitung im Deutschunterricht zu dem Thema gestaltet, im Musikunterricht ein Lutter-Lied getextet und komponiert und in Politik die Geschichte des Baches untersucht. „Im Frühjahr wollen wir mit dem Biologielehrer überlegen, wo und wie wir am Bach noch geeignete Pflanzen setzen können”, sagt Bakker. Und für den Chemieunterricht werde der Förderverein des Gymnasiums in Kürze ein Sauerstoffmessgerät beschaffen, das auch an der Lutter eingesetzt werden soll. Überrascht sind die Schülerinnen und Schüler, aber auch viele Spaziergänger, wie stark die Lutter durchs Bachbett fließt. Vielleicht reicht ihre Kraft ja auch zur experimentellen Stromerzeugung im Physikunterricht aus.
Über Bewegungsmangel können die Waldhof-Schüler kaum klagen. Die Lutter lädt zum Springen über die Steine ein, mit Anlauf oder im Schluss-Sprung. „Wir haben schon Papierbötchen fahren lassen und an der Roste wieder herausgefischt”, berichtet Ines. Franziska erklärt, dass ein „Putzdienst” die Lutter vom Abfall befreit: „Manchmal auch als Strafe.” Annegret Bakker rückt meist donnerstags dem Dreck mit drei Schülern zuleibe, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, doch: „Es ist erfreulich wenig Müll drin.”
Franziska klagt da eher über den vielen Hundekot auf der Wiese. „Wir könnten mehr Hundeklos aufstellen”, schlägt Wiebke vor. „Das Leeren könnten wir übernehmen”, meint Franziska. Ihre Lehrerin ist da eher skeptisch.
Dominic, Robert, Benedikt und Jascha lassen derweil angeleinte Playmobil-Boote von der Brücke aus fahren.
„Wir machen immer Wettbewerbe. Wer als Erster kentert, bekommt einen Punktabzug, wer sein Boot auf der Welle springen lässt, bekommt einen dazu. Ach, das ist voll klasse”, erzählt Dominic. Manchmal verheddern sich die Schiffchen an ihren Leinen,manchmal reißt eine, dann flitzen die Jungen los, um das Boot noch vor der Roste zu erwischen.
Die Kinder freuen sich auf wärmere Tage: „Dann könnten wir ja mal auf der Insel zelten”, schlägt Franziska vor. Nele hat noch eine Idee: „Man könnte doch im Sommer einen Kiosk aufbauen und Getränke verkaufen.” Als Bakker dann ein „Lutterwochenende” mit Übernachtung ankündigt, ist die Freude groß.
Inzwischen hat sich das Netzwerk „Vier Schulen an der Lutter gebildet”. Es besteht aus Gymnasium Waldhof, Ratsgymnasium, Helmholtzgymnasium und Ceciliengymnasium. Zwar ist die Lutter an der Ravensberger Straße in unmittelbarer Nähe von „Helmholtz” und „Ceci” noch verrohrt, „aber durch den Ratsbeschluss, ein Gesamtkonzept zu erarbeiten, gibt es ja wieder eine Perspektive, dass sich auch dort etwas tun wird”, sagt Bakker.
Das Netzwerk plant fächerübergreifende Unterrichtsvorhaben und Projekte zur Begleitung der Freilegung des Baches, der seit gut 100 Jahren unter der Erde verschwunden ist.
Das Netzwerk will bei der Bundesumweltstiftung in Osnabrück Zuschüsse für umweltpädagogische Vorhaben beantragen.

Neue Westfälische vom
24.01.2005

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Pro Lutter e.V.

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